Als ich vor rund 10 Jahren zusammen mit meinem Mitgründer Ole für unser Startup MeinSpiel durch diverse Businessplan-Wettbewerbe tingelte, konnten wir uns über einen Mangel an Ideen nicht beklagen. Bei jedem Wettbewerb lernten wir neue Gründer mit ihren Ideen und Innovationsprojekten kennen.
Oftmals waren wir wirklich beeindruckt, mit welch innovativen Konzepten andere junge Unternehmen an den Start gingen. Unsere Idee der Mass Customization für Spiele, also der individuellen Massenproduktion von Spielen, kam uns daneben fast zu profan vor. Andere Projekte schienen uns hinsichtlich Technologie und Marktmodell einfach deutlich innovativer – und damit auch erfolgversprechender.
Das war eine krasse Fehleinschätzung. Denn in den Folgejahren sahen wir, wie gerade bei vielen dieser hochinnovativen Projekte reihenweise das Licht ausging. Nur woran lag das?
In diesem Artikel will ich dieser Frage nachgehen, also warum so viele Innovationsprojekte scheitern, und zeigen, wie sich die Erfolgsaussichten solcher Projekte deutlich verbessern lassen.
Warum über 90 Prozent aller Innovationsprojekte scheitern
Ob in der Startup-Welt oder auf dem Parkett der Konzerne und Großunternehmen – Der Innovationsdruck für Unternehmen ist enorm hoch. Dennoch scheitern über 90% aller Innovationsprojekte. Die Ursachen hierfür sind breit gefächert.
Das Finden von Ideen erfolgt vielerorts unstrukturiert und ohne einen wirklichen Fokus: Es ist leicht ein Brainstorming zu machen und sich dann an den hochtrabenden Ideen zu begeistern, doch meist beteiligt sich hier nur ein kleiner Kreis an Mitarbeitern, und eine ehrliche Bewertung der Ideen findet nicht statt. Im Ergebnis wird die Ideenauswahl ziemlich subjektiv. Ein systematischer Prozess, um diese Ideen erfolgreich in den Markt zu bringen, existiert nicht wirklich.
Die richtige Zielgruppe
Die Wahl einer Zielgruppe mag im ersten Moment nach einer Einschränkung aussehen. Und letztlich ist sie das auch. Trotzdem ist dieser Schritt sinnvoll, da damit gleichzeitig eine Fokussierung einhergeht. Die Zielgruppe sind schließlich die Menschen, mit denen Sie künftig kommunizieren wollen, die Sie mit Ihrer Innovation ansprechen möchten.
Der erste Impuls bei der Suche nach der richtigen Zielgruppe mag sein, dass Sie eine möglichst große Gruppe anvisieren. Nach dem Denkmuster: Warum sollen wir uns auf die Zielgruppe “Basketballer” beschränken, wenn doch die Gruppe “Sportler” viel größer ist? Doch je gröber eine Zielgruppe definiert wird, umso inhomogener wird sie, und das hat schwerwiegende Nachteile.
Wer sich an alle wendet, erreicht letztlich niemanden. Mit einer spitzen Zielgruppe hingegen können Sie Ihr Angebot passgenau auf diese Gruppe ausrichten, was das Marketing deutlich einfacher macht.
Die Kommunikation hat nicht mit weit auseinanderliegenden Erwartungshaltungen zu kämpfen. Und klar definierte homogene Zielgruppen lassen sich über einzelne Marketingkanäle deutlich leichter erfassen und ansprechen.
Die richtigen Ideen auswählen: Gehen Sie dahin, wo es wehtut
Gehen wir direkt in den Prozess der Ideenfindung. Welche Ideen gilt es denn eigentlich auszuwählen, und welche können erstmal in die Schublade wandern?
Zunächst ist dazu eine unbequeme Wahrheit in Betracht zu ziehen:
“Great ideas will kill you”,
hat Innovations- und Marketing-Experte Seth Godin einmal gesagt, und die Statistik gibt ihm recht. Je innovativer eine Idee ist, umso schlechter stehen deren Chancen. Innovation ist also kein Wert an sich, sondern sollte ein Mittel sein, um reale Bedürfnisse, also Wünsche oder Probleme von Menschen zu bedienen.
Gehen Sie deshalb dorthin, wo es wehtut, wo die drängendsten realen Probleme und die sehnlichsten Wünsche Ihrer Zielgruppe liegen. Beschäftigen Sie sich damit, und versuchen Sie Ihre Ideen und daraus resultierenden Innovationen gezielt darauf auszurichten. Die Chancen für den Markterfolg steigen damit erheblich.
Löst Ihre Innovation kein reales Problem oder bedient sie keinen echten Wunsch, wird sie auch nie in der Lage sein, Menschen dazu zu bringen, ihr Geld bei Ihnen auf den Tisch zu legen. Sie ist schlicht zu verwerfen.
Marktanalyse mit Bordmitteln
Geben Sie sich nicht damit zufrieden, eine Idee gefunden zu haben, die Probleme oder Wünsche Ihrer Zielgruppe bedient. Gehen Sie einen Schritt weiter und analysieren Sie schon mal den Markt dafür.
Marktanalysen sind viel zu aufwändig, denken Sie? Eine teure Unternehmensberatung müsse hier ran?
Das ist in meinen Augen falsch. Auch ohne zigtausend Euro für ein Consulting-Unternehmen rauszublasen, können Sie mit Bordmitteln die wichtigsten Marktparameter systematisch prüfen.
Ein erster Check sollte den Kundennutzen untersuchen. Können Sie den konkreten Nutzen Ihrer Innovation in einem Satz verständlich formulieren? Versuchen Sie es. Solange dies nicht möglich ist, werden Sie nicht einen Kunden überzeugen können, dafür Geld auszugeben. Das Extrakt Ihrer Idee, der USP muss förmlich auf eine Briefmarke passen!
Lassen Sie sich nicht von herkömmlichen Marktstudien blenden, die bestimmte Marktvolumina aufzeigen, von denen Sie dann scheinbar nur einen Bruchteil abdecken müssen. Gehen Sie den umgekehrten Weg, und ziehen Sie Marketingkennzahlen heran. Wie hoch ist zum Beispiel der Akquiseaufwand für einen Kunden in einem bestimmten Vertriebskanal? Und welches etwaige Kundenpotenzial steht hinter diesem Vertriebskanal?
In nur wenigen Minuten können Sie beispielsweise mit dem Google-Keyword-Planner das monatliche Suchvolumen für bestimmte Begriffe rund um Ihre Innovation herausfinden und ins Verhältnis zu anderen bestehenden Produkten setzen. Hier zeigt sich sehr schnell, ob es überhaupt einen Markt, einen realen Bedarf gibt.
So banal es klingt: Einen ersten griffigen Überblick des Marktumfeldes liefert Ihnen ebenso eine einfache Online-Recherche via Google. Richtet sich Ihre Innovation an Unternehmen, sollten Sie am besten auch mal bei WerLiefertWas prüfen, welche Kandidaten in diesem Markt schon tätig sind.
Darüber hinaus können Sie auch testweise Anzeigen bei Google oder LinkedIn schalten, um zu sehen, inwieweit Ihre Zielgruppe überhaupt reagiert, und um einen ersten Eindruck von den Marketingkosten je Kunde zu bekommen.
Evulu: SAAS-Tool zum Finden und Bewerten von innovativen Ideen
Geht man alle Schritte von der reinen Ideenfindung bis zum funktionierenden Geschäftsmodell durch, lassen sich für mich folgende Schlüsse ziehen:
- Ein strukturierter Prozess mit einem klaren Fokus ist für erfolgsversprechende Innovationsprojekte unabdingbar.
- Viele Bereiche der Analyse lassen sich schon mit Bordmitteln abdecken, um das Ganze grob einschätzen und steuern zu können.
- Insgesamt gibt es auf dem Weg zur Marktreife einer Innovation sehr unterschiedliche Schritte zu durchlaufen. Das bringt eine gewisse Komplexität mit sich, die gemanaget werden will.
Um einen solchen Prozess wirklich systematisch in den Griff zu bekommen und möglichst erfolgreich zu gestalten, haben Jan-Kristof Arndt und Daniel Mross ein hochinteressantes Online-Tool namens “evulu” entwickelt. “We help you find your best ideas” lautet dessen Slogan, und es bringt alle relevanten Felder von der Ideenfindung bis zum Go2Market zusammen.
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Zum Autor:
Thorsten Kucklick ist Mitgründer des Spiele-Mass-Customizers MeinSpiel und betreibt die WordPress-Agentur UltraPress. In seinem Blog Autaak schreibt er über seine Erfahrungen mit digitalen Geschäftsmodellen. Er bietet ein Online-Tutorial für WordPress an – und hat in seinem eBook “Das 1.000-Euro-Startup” viele hilfreiche Tipps & Tricks für Gründer zusammengetragen.
Foto von Matt Ridley auf Unsplash