Return on Creativity – Was nützt eigentlich Kreativität?

Lesedauer: 7:50 Min.

#Kreativität gehört seit Jahren zu den „trending topics“. Die meisten Manager wissen um die Bedeutung dieses Themas. Dennoch konzentrieren Sie sich vor allem auf die Optimierung ihres Kerngeschäfts – momentan (also in der Corona-Krise) sogar noch mehr als früher, versuchen sie doch ihre davonschwimmenden Felle zusammenzuhalten. Und ich verstehe das. Irgendwie.

Trotzdem hat sich gezeigt, dass vor allem diejenigen Unternehmen gestärkt aus solch schwierigen Phasen hervorgehen, die auch in Krisenzeiten ihre mittelfristigen Ziele nicht aus den Augen verloren und weiter in das Thema Innovation investiert haben (siehe auch: 4 Strategien, um als Innovations­gewinner aus der Corona-Krise hervorzugehen).

Im vorliegenden Artikel geht es um die Bedeutung von Kreativität für den Unternehmenserfolg und die Frage, wer in einer Organisation eigentlich wie zu dazu beiträgt. Im Mittelpunkt steht der Return on Creativity (RoC); eine der wichtigsten – und doch oft unbeachteten – Kennzahlen im Innovationsmanagement.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen ein von uns entwickeltes Modell vorstellen. Dieses unterschiedet 5 Mitarbeitertypen:

Der Zauderer

Auf der untersten Ebene finden sich Personen wieder, die einen negativen Einfluss auf den RoC haben und mögliche zukünftige Erfolge ver- oder zumindest behindern. Einige tun das bewusst, weil sie ihrer Firma schaden wollen. Die meisten allerdings schaffen eher unbewusst ein Klima, in dem einfach keine kreativen Ideen entstehen können. Den ganzen Tag murmeln sie Sätze vor sich her, wie „Ach, das gibt’s schon lange. Funktioniert aber nicht.“ Oder „Das hat mal ein Konkurrent von uns versucht, ist aber krachend gescheitert.“ Diesen Typus Mensch / Mitarbeiter gibt es in jedem Unternehmen – und in jedem dieser Unternehmen verhindert er Kreativität. Nicht nur seine eigene, das ginge ja noch, sondern die seiner Kollegen – und das kann schwerwiegende Konsequenzen haben.

Aus einer vom Zentrum für Ideenmanagement durchgeführten Studie geht hervor, dass jeder sich einbringende Mitarbeiter durch seine Vorschläge zur Verbesserung einen durchschnittlichen Netto-Mehrwert von 734 Euro jährlich generiert. Das klingt erstmal nach … na ja … nicht so viel, aber lassen Sie sich nicht täuschen: 100 Mitarbeiter entwickeln einen Ø Netto-Zusatznutzen von 73.400 Euro. Wenn nun aber die Zauderer dafür sorgen, dass die Beteiligungsquote drastisch sinkt und am Ende des Jahres nur noch 25 Mitarbeiter ihre Ideen einreichen, entspräche das einem entgangenen Nettonutzen von 55.050 Euro und das ist … (ergänzen Sie den Satz sinnvoll 😉).

Dieser Mitarbeiter-Typus generiert einen negativen Return in Creativity. Rausschmeißen muss man Zauderer zwar nicht. Aber achten Sie darauf, dass sie niemals in der Mehrheit sind. Und versuchen Sie diese Personen für die Konsequenzen ihres Handelns zu sensibilisieren. Wenn Sie es schaffen, die Zauderer in Ihrem Unternehmen auf die nächst höhere Stufe in unserem Modell (oder sogar noch weiter nach oben) zu bringen, wird der Netto-Gesamtnutzen Ihres Ideenmanagement-Systems deutlich steigen.

Der Neutralo

Auf der zweiten Ebene unseres Modells finden wir Personen, die im Wesentlichen Dienst nach Vorschrift leisten, also ihrer Stellenbeschreibung entsprechend arbeiten. Daran ist grundsätzlich auch nichts auszusetzen. Ideen zur Verbesserung entwickeln sie allerdings nicht – und wenn, reichen sie diese nicht ein. Sie sorgen sich um das Hier und Jetzt. Die Zukunft ist einfach zu weit weg für sie. Immerhin – und das ist das Gute – sorgen sie nicht für eine kreativitätsstörende Atmosphäre. Aber sie lehnen sich eben auch nicht gegen eine solche auf. Neutralos gucken den vorbeieilenden Konkurrenten hinterher, anstatt nach Möglichkeiten zu suchen, mit ihnen mitzuhalten und sie irgendwann auch wieder zu überholen.

Aus der Gallup Study of Loyalty geht hervor, dass 66 % der in Deutschland Beschäftigten in diese Kategorie fallen, was – mit Blick auf unsere Zukunft – natürlich bedenklich ist.       

Der Glücksritter

Dann gibt es solche Mitarbeiter, denen immer mal wieder etwas auf- und einfällt – die zwar nicht aktiv nach Möglichkeiten zur Verbesserung suchen, sich aber auch nicht gegen diese wehren. Glücksritter sind offen für Neues … wenn es sich ihnen präsentiert. Mit einem systematischen Vorgehen hat das wenig zu tun. Die meisten ihrer Ideen ergeben sich aus der zufälligen Optimierung von Routinearbeiten. Trotzdem können daraus wichtige Verbesserungsvorschläge entstehen; etwas, das die meisten von uns wahrscheinlich gut kennen.

Entscheidend ist, dass Glücksritter darin bestärkt werden, ihre Ideen zu äußern und genau wissen, wo sie diese einreichen können. Dafür erforderlich ist eine klare Struktur, wie mit kreativen Impulsen umzugehen ist. Früher hat man hierfür Ideen-Briefkästen aufgestellt. Heute nutzt man digitale Systeme wie Evulu, um sein Vorschlagswesen abzubilden. 

Der Kreative

Auf der vierten Stufe finden sich Mitarbeiter, die kreativ sind – nicht von Natur aus, das sind wir alle – sondern weil sie systematisch problemorientierte Lösungen entwickeln können. Sie kennen unterschiedliche Kreativitätstechniken und wissen diese zielgenau einzusetzen. Kreative haben schon diverse Ideation-Workshops besucht und wissen um die Notwendigkeit, das Bestehende zu hinterfragen und immer wieder nach neuen, besseren Ansätzen zu suchen. Auch müssen sie nicht erst den Atem ihrer Konkurrenten spüren, um kreativ zu werden. Die meisten ihrer Ideen zielen zwar eher auf inkrementelle Verbesserungen ab. Grundsätzlich sind sie aber auch in der Lage, am ganz großen Rad zu drehen und disruptive Ideen zu entwickeln.

Sie bemühen sich um eine kreativitätsfördernde Atmosphäre und laden ihre Kollegen ein, gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen für ein Problem zu suchen.

Mitarbeiter dieser Ebene reichen nicht selten 4 – 5 Verbesserungsvorschläge mit einem Netto-Nutzen jenseits des Durchschnittswerts ein.

Die Blitzbirne 😉

Diese Bezeichnung mag ein bisschen despektierlich klingen, soll aber nur einen speziellen Typus von Mitarbeitern beschreiben, der sich durch kreative Gewitter in seinem Kopf und daraus resultierende Geistesblitze auszeichnet. In der Blitzbirne vereinen sich Intuition und Systematik. (Ich muss selber ein bisschen schmunzeln bei diesem Satz.) Mitarbeiter der fünften Stufe sind top-ausgebildete Kreative mit einem ausgeprägten Gespür für Trends – für Chancen. Sie verfügen über eine hohe Risikointelligenz, aber auch über eine starke Sozialkompetenz. Blitzbirnen wissen ihre Kollegen zu motivieren und sind um eine kreative Atmosphäre bemüht. Der Status quo ist für sie nur eine Momentaufnahme – so angenehm die Situation auch sein mag. Sie trainieren ihre Kreativität – und ihre Intuition (ja, auch das ist möglich)! 

Der Netto-Nutzen der von diesen Mitarbeitern eingereichten Ideen ist am höchsten. Einer von trendINNOVATION durchgeführten Untersuchung zufolge zeichnen sie für ~ 70 % des Return on Creativity verantwortlich. Trotzdem würde ein Unternehmen, das nur aus Blitzbirnen besteht, nicht funktionieren. Ein gutes Innovationsteam setzt sich aus unterschiedlichen Mitarbeitertypen zusammen. Selbst die Zauderer erfüllen … nein, können einen bestimmten Zweck erfüllen, ist es doch wichtig, eine Idee aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten, bevor man diese weiter verfolgt. Durch ihre kritische Haltung erweitern Zauderer den Blickwinkel. Trotzdem sollten sie in Diskussionen nicht ständig den Ton angeben. Sonst hat am Ende keiner mehr Lust, seine Ideen im Team zu teilen.

Investieren Sie in die Kreativausbildung Ihrer Mitarbeiter

Natürlich muss man in die Kreativausbildung seiner Mitarbeiter investieren. Und ja, das kostet Geld. Noch viel mehr kostet es allerdings, wenn sie das nicht tun – wenn die Innovationskraft ihres Unternehmens nachlässt, bis selbst kleinere Konkurrenten keine Probleme haben, Ihnen Ihre Stellung am Markt streitig zu machen.

Einer Studie von Booz & Company zufolge geben 46% aller befragten Unternehmen an, Probleme im Front-End-Bereich des Innovationsprozesses zu haben, d.h. mit der Generierung neuer Ideen und der Transformation dieser in marktfähige Produkte. Ein Grund liegt in dem Irrglauben, dass sich dieser Teilabschnitt des Prozesses nicht managen ließe. Aber das Gegenteil ist der Fall. Kreativität hat nichts mit Schöngeisterei und Romantik zu tun, sondern mit harter Arbeit, mit der richtigen Einstellung, einem geordneten Prozess und der problemabhängigen Auswahl von Kreativtechniken. So einfach ist das. Na ja, nicht so einfach … aber es lohnt sich in den Aufbau und die Nutzung der firmeneigenen Kreativkompetenzen zu investieren. Laut einer von Adobe in Auftrag gegebenen Forrester-Studie erzielen kreative Unternehmen überdurchschnittliche Umsatzzuwächse, haben einen überproportionalen Marktanteil und gehören in vielen Branchen zu den Marktführern.

Natürlich gehen mit der Entwicklung von Ideen auch Rückschläge einher. Sehr viele sogar. Im Durchschnitt scheitern (und zwar über alle Branchen hinweg) 75 % der angeschobenen Innovationsprojekte. Das hat unterschiedliche Gründe. Zu den wichtigsten zählen eine …

  • mangelnde Systematik im Prozess
  • unfokussierte Generierung von Ideen
  • geringe Beteiligung der Mitarbeiter an Ideenwettbewerben
  • eindimensionale Bewertung der Ergebnisse
  • subjektive Ideenauswahl

Dem gilt es zu begegnen. Trotzdem werden Sie immer mal wieder feststellen, dass Sie mit einem Ihrer Vorhaben in der Sackgasse gelandet sind und es nicht weitergeht. Wenn Sie aber an dieser Stelle nicht verzagen, sondern weiter machen – vielleicht nicht mit diesem, sondern mit einem anderen Projekt – werden Sie Erfolg haben. Da bin ich mir sicher.

In diesem Artikel habe ich mich primär auf die finanziellen Vorteile von Kreativität konzentriert. Aber natürlich gibt es auch noch andere. So geht aus diversen Studien hervor, dass die meisten Menschen ein kreatives Arbeitsumfeld zu wertschätzen wissen und in einem solchen zufriedener sind als bspw. in einem relativ schnöde gestalteten Großraumbüro. Kein Wunder also, dass innovationsorientierte Unternehmen zu den beliebtesten Arbeitgebern gehören. Das allerdings setzt voraus, dass man nicht nur in die Gestaltung von Räumlichkeiten investiert, sondern das Thema Kreativität als festen Bestandteil in der Unternehmenspolitik verankert – von der Strategie über die Kultur bis zur Gestaltung der Customer Relations.

In einem Satz: Kreativität lohnt sich. Wer die mit diesem Thema einhergehenden Herausforderungen annimmt, sich (als Organisation, aber natürlich auch als Individuum) hinterfragt und immer nach noch besseren Lösungen sucht, wird auch in Zukunft erfolgreich sein. Und das ist der ultimative Return on Creativity!

Bis bald

Krist°f / Co-Founder Evulu

PS: Auf welcher Stufe würden Sie sich einordnen? Senden Sie mir Ihre Einschätzung zu und lassen Sie uns darüber diskutieren.


Foto von Jude Beck auf Unsplash

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